Interwiew mit Monika Stolzmann

 Monika Stolzmann ist 42 Jahre alt, Unternehmerin und hat zwei Kinder im Alter von 10 und 11 Jahren. Sie ist verheiratet und hat einen Hund. Sie stammt aus einer Unternehmerfamilie, die sich bis ins hohe Alter nicht intensiv mit den Themen Resilienz und Gesundheit auseinandersetzte, geschweige denn danach lebte. Nachdem sie zunächst den gleichen Weg wie ihre Familie eingeschlagen hatte, erkannte sie schnell, dass dies nicht der richtige Ansatz war, um langfristig mit sich selbst im Einklang zu stehen. Daraufhin stellte sie sich die Frage, ob es möglich sei, Familie, Ehe und Unternehmensführung auch auf eine andere Weise zu gestalten. In den letzten 10 Jahren hat sie sich zu einer zertifizierten Bildungsträgerin entwickelt. Ihre Qualifikationen umfassen Entspannungspädagogik, zertifizierte Wirtschaftsmediation sowie Business-Coaching mit Schwerpunkt auf systemischer Aufstellungsleitung und psychologischer Beratung. Sie bildet und coacht pädagogisches Fachpersonal sowie Kommunen und kleine bis mittelständische Unternehmen in den Bereichen Resilienz, Kommunikation und Mediation weiter. Ab dem kommenden Jahr wird sie auch Bildungsmöglichkeiten mit Bildungsurlaub anbieten. 

Tobias Wojtanowski: Frau Stolzmann, im November bieten Sie die Lerneinheit „Resilienz und Lösungsorientierung: Erfolgreich im kommunalen Arbeitsalltag“ an – was erwartet unsere kommunalen Mitarbeiter bei dieser LernEinheit?

Monika Stolzmann: In dieser Lerneinheit erfahren die kommunalen Mitarbeiter eine umfassende Einführung in die Konzepte der Resilienz und Lösungsorientierung, verbunden mit einem besonderen Fokus auf Techniken der Entspannungspädagogik. Die Teilnehmer werden lernen, wie sie ihre persönliche Widerstandsfähigkeit gegenüber den alltäglichen Herausforderungen im kommunalen Arbeitsumfeld und darüber hinaus stärken können.
Die Lerneinheit vermittelt praxisnahe Strategien zur Stressbewältigung, die auf bewährten Methoden der Entspannungspädagogik basieren. Dazu gehören Techniken wie Progressive Muskelentspannung, Atemübungen und Achtsamkeitspraktiken, die den Teilnehmern helfen, in einem Moment präsent zu bleiben und Stress effektiv abzubauen. Diese Techniken unterstützen nicht nur das körperliche Wohlbefinden, sondern fördern auch die mentale Stärke, indem sie die Fähigkeit verbessern, in schwierigen Situationen ruhig und fokussiert zu bleiben.
Immer wieder begegnen mir Menschen, die sich scheinbar „selbst im Wege stehen“, daher möchte ich mit dieser Lerneinheit Techniken und Lösungsansätze mit an die Hand geben, wie man das ein oder andere lösungsorientierter durchführen kann. Dabei erlernen die Teilnehmer, wie sie ihre inneren Ressourcen mobilisieren und stärken können, um Herausforderungen gelassener und souveräner zu begegnen. Das Verständnis und die Anwendung von Entspannungstechniken tragen maßgeblich dazu bei Resilienz im Berufsalltag gezielt aufzubauen und langfristig auch erhalten zu können.
In dieser Lerneinheit ist mir zudem wichtig, nicht nur theoretisches Wissen zu vermitteln, sondern gezielt konkrete Werkzeuge mitzugeben, die direkt im Arbeitsalltag angewendet werden können. Durch die Kombination von Resilienz, Training und Entspannungspädagogik wird ein ganzheitlicher Ansatz geboten, der sowohl die berufliche als auch die persönliche Belastbarkeit stärkt.


Tobias Wojtanowski: Resilienz ist nicht erst seit Corona ein Schlagwort, wurde danach jedoch besonders im beruflichen Alltag immer mehr zum Thema. Sie arbeiten bereits lange in diesem Bereich – nehmen auch Sie hier eine Veränderung der Wahrnehmung in den letzten Jahren war? Und woran kann dies liegen?

Monika Stolzmann: Ja, ich habe in den letzten Jahren eine deutliche Veränderung in der Wahrnehmung von Resilienz festgestellt. Resilienz ist zwar nicht erst seit der Corona-Pandemie ein Thema, doch die Pandemie hat ihren Stellenwert im beruflichen Alltag erheblich verstärkt. Vor der Pandemie wurde Resilienz in vielen kommunalen Verwaltungen zwar erkannt, aber oft unterschätzt. Zwar gab es erste Ansätze zur Stressbewältigung, wie Gesundheitswochen oder Seminare, doch diese reichten oft nicht aus, um Mitarbeitende umfassend auf die wachsenden Anforderungen vorzubereiten.
Die Corona-Pandemie hat die Bedeutung von innerer Robustheit bei gleichzeitiger Gelassenheit im Umgang von äußeren nicht beeinflussbaren Situationen in einem neuen Licht erscheinen lassen. Die plötzlichen und tiefgreifenden Veränderungen sowie die hohe Unsicherheit haben verdeutlicht, wie unverzichtbar Resilienz für die Fähigkeit ist, nicht nur zu bestehen, sondern gestärkt aus Krisen hervorzugehen. In diesem Kontext wurde deutlich, dass gezielte Resilienzförderung nicht nur die Stressbewältigungsfähigkeiten der Mitarbeitenden stärkt, sondern auch die Widerstandsfähigkeit der gesamten Organisation erhöht.
Ein Beispiel aus Australien verdeutlicht diesen Wandel: Das 2018 gestartete Programm zur Einführung von Szenarien-Planung und Weiterbildungsinitiativen in kommunalen Verwaltungen, einschließlich der Gründung einer Akademie für den öffentlichen Dienst, hat gezeigt, wie wichtig die Entwicklung digitaler Kompetenzen und die Krisenbewältigung für eine widerstandsfähige Organisation sind. Solche Programme haben die Resilienz von Mitarbeitenden und Organisationen erheblich verbessert.
Die zunehmende Anerkennung dieser Bedeutung und die gezielte Förderung durch solche Programme zeigen, wie wertvoll Resilienz für einen erfolgreichen und positiven beruflichen Alltag ist. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben uns die Notwendigkeit und das Potenzial der Resilienzförderung in der kommunalen Verwaltung verdeutlicht und die Wahrnehmung dieses Konzepts grundlegend verändert.


Tobias Wojtanowski: Wir im KommunalCampus arbeiten hauptsächlich im virtuellen Büro, unsere LernEinheiten sind vollständig digital und von überall abzurufen, also auch im Homeoffice. Das Homeoffice hat, trotz aktueller Diskussionen, festen Einzug in den Berufsalltag gefunden. Es wird jedoch häufig diskutiert, ob dadurch auch das Arbeitsleben mit dem Privatleben zu sehr kollidiert, das „Abschalten“ nicht mehr möglich ist. Wie sehen Sie diese Problematik?

Monika Stolzmann: Ich sehe, dass das Homeoffice insgesamt viele Vorteile mit sich bringt, wie zum Beispiel Flexibilität und die Möglichkeit, berufliche Aufgaben ortsunabhängig zu erledigen. Dies ist besonders wertvoll da es jedem ermöglicht, effizient und anpassungsfähig zu arbeiten.
Gleichzeitig ist mir klar, dass das Arbeiten von zu Hause auch einige Herausforderungen mit sich bringt, besonders wenn es um die Trennung von Arbeits- und Privatleben geht. Ein zentrales Thema, das mir auffällt, ist die Verschmelzung von Beruf und Freizeit. Im Homeoffice können die Grenzen leicht verschwimmen, besonders wenn es keinen klar abgetrennten Arbeitsplatz gibt. Es gibt nicht mehr „die Fahrt nach Hause“ bei der man auch Zeit hat umzuschalten. Das kann es schwierig machen, nach der Arbeit richtig abzuschalten und sich zu erholen und bewusst nicht mehr an die Arbeit zu denken, was auf Dauer zu Überlastung führen könnte.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Verschmelzung von beruflichen und privaten Rollen. Wenn diese in demselben Raum aufeinandertreffen, kann das zu Verwirrung und zusätzlichen Spannungen führen. Konflikte im Privatleben können sich so - auch unbewusst auf die Arbeit auswirken, was in einem kommunalen Umfeld besonders herausfordernd sein kann, da hier enge Zusammenarbeit und klare Kommunikation wichtig sind.
Die Qualität des Homeoffice hängt auch davon ab, wie es von der Führungsebene gestaltet und unterstützt wird. Führungskräfte spielen eine wichtige Rolle und sollten durch ihr Verhalten zeigen, wie man effektiv und produktiv im Homeoffice arbeitet. Klare Erwartungen, transparente Ziele und regelmäßiges Feedback helfen dabei, dass Mitarbeiter wissen, wie sie ihre Aufgaben gut erledigen können. Eine gute Führung motiviert nicht nur, sondern bietet auch praktische Beispiele für eine gute Arbeitsweise und schafft ein Umfeld, in dem Mitarbeiter ihre besten Leistungen erbringen können. Gleichzeitig ist es meines Erachtens aber auch essenziell, dass Führungskräfte vertrauen in ihr Team haben. Insbesondere wenn verwendete Kommunikationstools transparent machen, ob jemand gerade aktiv am Rechner sitzt oder die Maus seit einigen Minuten stillsteht. Dies bringt Gelassenheit und Ruhe in die Arbeit, aber auch in einen Selbst. Und zwar sowohl auf Seiten der Führungskraft als auch auf Seiten der Angestellten. Die Führungskraft kann das Gefühl ablegen, eine Art „Aufseher“ sein zu müssen und die Angestellten müssen keine „Angst“ haben sich rechtfertigen zu müssen, wenn sie mal etwas auf „echtes“ Papier bringen wollen oder ein Telefonat nicht am Rechner, sondern am Telefon führen.


Tobias Wojtanowski: Im Zusammenhang mit Selbstfürsorge und Resilienz wird die Generation Z gerne genannt, die, so der Tenor, mehr Teilzeitarbeit, Überstundenausgleich oder Urlaub fordern. Dies wird durchaus politisiert, beispielsweise vor kurzer Zeit vom ehemaligen SPD-Chef Sigmar Gabriel, der die GenZ kurzerhand als „faul“ bezeichnete. Wie sehen Sie dieses Spannungsfeld zwischen sogenannter wirtschaftlicher Verantwortung und eigener Selbstfürsorge – und gibt es dieses überhaupt?

Monika Stolzmann: Ich sehe die Selbstfürsorge bei der Generation Z als eine bedeutende und konstruktive Entwicklung für die kommunale Arbeit. Ich bemerke, dass diese Generation verstärkt auf Aspekte wie Teilzeitarbeit, Überstundenausgleich und großzügigen Urlaub Wert legt. Diese Ansprüche reflektieren einen bewussteren Ansatz zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und tragen zur Förderung von Resilienz und langfristigem Wohlbefinden bei.
In der kommunalen Arbeit betrachte ich dies nicht als Widerspruch zur wirtschaftlichen Verantwortung, sondern als eine Chance, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht werden. Durch die Berücksichtigung dieser Bedürfnisse können wir die Zufriedenheit und Motivation unserer Mitarbeitenden erhöhen, was wiederum der gesamten kommunalen Verwaltung zugutekommt. Das Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Verantwortung und den persönlichen Bedürfnissen der Mitarbeitenden ist ein Bereich, der auch dem öffentlichen Dienst langfristig zugutekommt.
Ich hebe hervor, dass das Streben nach Selbstfürsorge und Resilienz eine wertvolle Investition in die langfristige Leistungsfähigkeit unserer kommunalen Einrichtungen darstellt. Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben kann die Produktivität steigern und zu einem nachhaltigen Erfolg in der kommunalen Arbeit beitragen. Ich glaube, dass die Forderungen der Generation Z einen positiven Impuls für die Weiterentwicklung von Arbeitsmodellen geben, die sowohl den persönlichen als auch den geschäftlichen Anforderungen gerecht werden und somit die Effizienz und Qualität der kommunalen Dienstleistungen verbessern.


Tobias Wojtanowski: Frau Stolzmann, vielen Dank für das Interview!