Interview mit Elke Lefévre
und Susanne Hoffman
„Es ist Aufgabe der Organisation eine Lernkultur zu schaffen – auch für sich selbst.“
Elke Lefévre und Susanne Hoffmann betreiben gemeinsam die Wertekultur Gbr in Bensheim und sind im operativen Startjahr auch auf dem KommunalCampus tätig geworden. Sie beschäftigen sich innerhalb des Coachings vertiefend mit den Themen Kultur und Haltung und hatten in diesem Jahr mit dem Thema „Agiles Arbeiten in der Verwaltung“ einen der beliebtesten Kurse auf dem Campus angeboten. Der Leiter der Geschäftsstelle des KommunalCampus, Tobias Wojtanowski, konnte beide Coaches – ganz nach dem Credo des Campus – in einem Online-Meeting zu einer sympathischen Gesprächsrunde treffen und die Erfahrungen des Jahres 2022 Revue passieren lassen.
Wojtanowski: Frau Lefévre, Frau Hoffmann, danke dass Sie sich die Zeit nehmen, mit mir gemeinsam die letzten knapp 365 Tage noch einmal zu betrachten. Für den KommunalCampus war es mit dem Jahr des operativen Starts ja ein ganz besonderes!
Lefévre/Hoffman: Danke auch für Ihre Anfrage! Wir freuen uns natürlich, dass wir im ersten Jahr des Campus gleich so mit einsteigen konnten.
Wojtanowski: Sie haben mit Wertekultur bereits viele Jahre Erfahrung im Bereich Coaching und Beratung – und gerade in diesem Bereich hat sich spätestens durch Corona einiges verändert, was Online-Formate angeht. Wie waren denn Ihre Erfahrungen mit dem Campus in diesem Jahr –besonders was den Teil des Live-Tutoriums mit dem ivCampus angeht?
Hoffmann: Nun, Technik ist immer gerne ein Thema und ein Grund für Skepsis bei den TeilnehmerInnen: Wie wird es laufen, wird es überhaupt laufen? Ich muss sagen, dass es super lief: Im ersten Kurs gab es nur eine Teilnehmerin, die Probleme hatte – und das hatte nichts mit dem Campus zu tun. Häufig spielen die örtlichen Beschränkungen der Personen eine Rolle, deren IT im Hintergrund. Und es wäre natürlich wünschenswert, wenn die Personen die Technik im Vorfeld prüfen - dies gibt den Teilnehmern auch eine gewisse Sicherheit.
Lefévre: Sobald das System verstanden wird, finden es wirklich alle sehr gut. Bei mir im Kurs meldete sich direkt ein Teilnehmer: „Ich wusste gar nicht, dass online-zusammenarbeit so gut sein kann!“. Es macht zusätzlich einen guten Eindruck, wenn man sich als Dozent darin eingearbeitet hat, und das haben wir auch verstärkt. Sich beispielsweise mit den TeilnehmerInnen in mehrere Gruppenräume zu begeben – das ist eine Funktion, die wir immer wieder nutzen. Und je besser die Dozenten sich damit auskennen, desto mehr Sicherheit gibt man den TeilnehmerInnen.
Wojtanowski: Mit der IT der Kommunen sind wir im Vorfeld auch stets im Austausch, von dieser Seite gibt es selten Probleme. Das Homeoffice hat die Situation oft noch weiter verändert. Für diese Fälle treten wir in Zukunft noch mehr an die TeilnehmerInnen heran, bieten beispielsweise Testräume, in die einfach im Vorfeld zu beliebigen Zeiten eingeloggt werden kann. Wenn dann etwas nicht funktioniert, können wir oder die Mitarbeiter des ivCampus danach schauen, lange bevor Online-Seminare beginnen.
Zurück zu Ihren Angeboten: „Agiles Arbeiten in der Verwaltung: Methodenkoffer im Arbeitsalltag“ war einer der beliebtesten Kurse der Kommunen in unserem ersten Jahr: Woran denken Sie, könnte das rege Interesse gelegen haben?
Lefévre: Da ist sehr viel Neugier dabei. Viele TeilnehmerInnen gaben uns im Kurs das Feedback: „Ach schau mal, es geht ja doch, Agiles Arbeiten in der Verwaltung!“ Denn viele nehmen es als Paradoxon war: Agiles Arbeiten und Verwaltung. Was steckt dahinter, wie können wir das bei uns nutzen? Vor allem junge Teilnehmende haben uns das rückgemeldet – auch mit dem Feedback, wie toll es sei, dass dies funktioniert.
Hoffmann: Genau so ist auch das Feedback bei mir gewesen: Es Treffen in der Wahrnehmung der Behörden zwei Welten aufeinander. Und plötzlich zeigen wir im Kurs, dass das sehr wohl umsetzbar ist. Das war eine großartige Erfahrung, zu sehen, wie dies
im Kurs auch wahrgenommen wurde.
Wojtanowski: Wir haben das didaktische Format des Campus standardisiert, mit einem Teil für Vor- und Nachbereitung, sowie dem Live-Tutorium. Dem bisherigen Feedback nach zu urteilen hat sich dies als sehr praxisorientiert erwiesen. Welche Vorteile sehen Sie in diesem Format, jenseits reiner „On-Demand“ Kurse, die beispielsweise rein mit abrufbaren Videos arbeiten?
Lefévre: Wir beide haben uns sehr bewusst dagegen entschieden, abrufbare Inhalte überhaupt anzubieten. Unser großes Thema ist Kultur und Haltungsänderung und das funktioniert nur in der Interaktion und im Austausch – wir schließen andere Formate aus. Das funktioniert sicher bei diversen Themen, aber für uns ist das genutzte Format auf dem KommunalCampus enorm wichtig.
Hoffmann: Wir sprechen im Online-Seminar sehr lange mit den TeilnehmerInnen, beispielsweise über das Thema Haltung in den Seminaren – was ist nötig, dass beispielsweise agile Kultur überhaupt entstehen kann? Wie können wir denn agil arbeiten? Das funktioniert nur über den direkten Austausch. Wir nehmen dies Vorweg, indem wir über Haltung sprechen und auch kleine Räume schaffen, in dem die TeilnehmerInnen sich agil ausprobieren können. Damit arbeiten wir mit dem Thema in der Form „Was kann ich selbst tun?“, und geben einen Teil der Verantwortung in die Hände der MitarbeiterInnen. Wir zeigen, wie sie selbst aktiv werden können.
Der direkte Austausch ist dabei ein enormer Vorteil: Ich hatte gleich im ersten Kurs zwei Personalerinnen, die sehr konkrete Fragen hatten. Das darf auch von den Kommunen so verstanden werden: Hier findet Austausch statt, hier kann nachgefragt werden! Der KommunalCampus ist eine Plattform, auf der gerade für PersonalentwicklerInnen sehr viele Fäden zusammenlaufen.
Wojtanowski: Unterscheiden sich denn unser TeilnehmerInnen beispielsweise in ihren Fragen von Ihrem sonstigen Publikum, dass ja eher außerhalb der Kommunen bzw. Behörden zu finden ist?
Lefévre: Nein, gar nicht. Die Diversität ist überall gegeben: Viele Menschen voller Ideenreichtum und Neugierde nehmen bei uns Teil, ob im KommunalCampus oder woanders – das ist nicht an den Personen festzumachen. Die Themen sind auch außerhalb der Unternehmen existent, genau wie in den Behörden.
Hoffmann: Gerade beim Thema Agilität ist es sehr ähnlich wie in Unternehmen: Auch da haben Mitarbeitern ihre Herausforderungen mit Führungskräften, man fängt klein in einer Abteilung an – niemand in der Wirtschaft war sofort agil! Und wir können beobachten, dass die Behörden thematisch sehr viel offener werden. Aber auch die Arbeitnehmer! Was beispielsweise das Thema „Kommunen als Arbeitgeber“ angeht: Personen aus der Wirtschaft steigen in die Behörden ein, Quereinsteiger jeden Alters. Das hat sich sehr zu früher geändert. Die Behörden sind ein Arbeitgeber, wie jeder andere – und stellen sich deshalb auch den ganz normalen Themen. Es werden nahezu die gleichen Anforderungen gestellt, wie an andere Arbeitgeber.
Wojtanowski: Stellen Sie allgemein in diesem Jahr neue Trends fest, was Themen im Bereich Weiterbildung angeht, die auch für die Behörden und Kommunen an Wichtigkeit gewinnen werden?
Lefévre: Da gibt es deutliche Tendenzen: Wie arbeite ich stressfrei, wie gelingt gute Führung – zu diesen Bereichen werden wir immer wieder gefragt. Die Menschen sind von externen Einflüssen sehr beeinflusst. Corona, der Krieg in der Ukraine! Diese Sorgen werden mit auf die Arbeit genommen. Ein gutes Arbeitsklima wird genau deshalb immer wichtiger werden, und es kann im besten Fall natürlich in allen Hierarchieebenen adressiert werden, auch weit oben.
Wojtanowski: Nehmen Sie in den letzten Jahren denn eine veränderte Wahrnehmung seitens der Belegschaft wahr, was die größere Bereitschaft zum lebenslangen Lernen angeht?
Lefévre: Man hört die Forderung „lebenslanges Lernen“ ja inzwischen nicht mehr so gerne –der Grund ist, dass der Fokus damit auf dem Arbeitnehmer liegt. Lebenslanges Lernen bezieht sich auch auf Organisationen: Auch diese können ein „Leben lang“ lernen, sich verändern. Das wird noch wichtiger werden: Wir haben einen messbaren Fachkräftemangel, der sich wahrscheinlich auch noch zuspitzen wird. Die Arbeitnehmer können sich den Arbeitgeber aussuchen – und umso wichtiger ist, klarzumachen, dass ein Arbeitgeber das Thema des Lernens im besten Fall früh platziert: Lebenslanges Lernen ist bei uns möglich und es macht auch noch Spaß! Eben durch solche Formate wie den KommunalCampus. So entstehen Wettbewerbsvorteile, gerade im Bezug zu Fachkräften.
Hoffmann: Es geht auch darum, was der Arbeitnehmer für Möglichkeiten in diese Richtung hat: Wenn dem Thema Weiterbildung und Lebenslanges Lernen als „muss“ wahrgenommen wird, und daraus ein „kann“ wird – weil eben die Behörde ermöglicht, dies zu tun – dann wird das Gefühl gegenüber diesen Möglichkeiten ein ganz anderes. Niemand muss, aber man kann, diese Möglichkeiten werden dir geboten! Die Freiwilligkeit macht den Unterschied.
Wojtanowski: Wenn sie lernende Organisationen ansprechen: Auch wir lernen natürlich gerne weiter, und so wird der Campus an seinen Möglichkeiten arbeiten, Inhalte interaktiver anzubieten, Wissensabfragen beispielsweise interaktiv in der Vor- und Nachbearbeitung zur Verfügung zu stellen. Wäre dies auch für Sie als Dozenten eine Möglichkeit, die Sie in Ihren Angeboten auf dem KommunalCampus aufnehmen würden?
Lefévre: Ich finde es super, mit Gamification Elementen zu arbeiten. Aber es sollten natürlich auch Inhalte abgebildet werden, die für den Kurs Sinn machen. Gerade unser Format lebt vom Austausch. Aber generell klingt es spannend und wir werfen gerne einen Blick darauf!
Hoffmann: Ich fände es sehr interessant, dies anzuschauen. Vielleicht lässt sich dies auch auf unsere Inhalte übertragen – spannend!
Wojtanowski: Und eine abschließende Frage: Haben Sie eine besondere Erinnerung an Ihre Live-Tutorien die mit dem ersten Jahr im KommunalCampus verbunden bleiben wird?
Lefévre: Mir fällt immer wieder das spontane Zitat einer Teilnehmerin im ersten Kurs ein: „Ich dachte immer, Agilität und Verwaltung schließen sich aus – tut es gar nicht!“ Das war sehr schön, zu hören.
Hoffmann: Bei mir sagte eine Teilnehmerin beim Abschluss: „Das ist jetzt also das lebenslange Lernen – das nehme ich mit! Heute habe ich es im Seminar gehört und erlebt. Und jetzt erzähle ich meinen Kindern, wie wichtig das ist!“