Interwiew mit Hartmut Lang


Dr. Hartmut Lang, ehrenamtlicher Vorstand des KommunalCampus, ist Bereichsleiter für Arbeitsmarkt, Bildung und Gesundheit bei der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH. Er hat langjährige Erfahrung in HR, u.a. als Personalleiter der BASF Schwarzheide GmbH. 

Tobias Wojtanowski: Herr Lang, danke für die Möglichkeit des Interviews! Recherchiert man zu Ihnen im Internet, so findet sich ein Vortrag von Ihnen aus dem Jahre 2005, in dem Sie sich, damals noch bei der BASF, mit dem Fachkräftemangel auseinandersetzten. Das Thema ist auch in der öffentlichen Verwaltung sehr präsent: Wie sehr ähneln sich in Ihrer Wahrnehmung die Herausforderungen im Personalbereich in der Wirtschaft wie in der Verwaltung – und wie kann man Ihnen begegnen?

Hartmut Lang: Fachkräftemangel und digitale Transformation sind sicher die großen übergreifenden Herausforderungen für Unternehmen und Verwaltungen. In gewisser Weise ist die Situation für Kommunen und Landkreise schwieriger, weil sie breiter aufgestellt sind. Unternehmen sind in irgendeiner Weise immer spezialisiert. Die Verantwortlichen in Kommunen müssen vom Bäderbetrieb über die Müllabfuhr und das Betreiben von Kliniken, Schulen und Flüchtlingsunterkünften bis hin zur Sozialhilfe, Genehmigung von Bauanträgen usw. ein unglaublich breites Spektrum abdecken. Die Situation ist hier nach meinen Gesprächen mit Vertretern der Kommunen noch mehr als in Unternehmen von der „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ geprägt. Viele Organisationen sind mitten im Umbruch, einige Teile sind schon sehr weit mit der Digitalisierung, andere überlegen gerade, wie sie loslegen und ganz häufig läuft vieles parallel.
 

Tobias Wojtanowski: Ein oft gehörtes Vorurteil an die aktuelle Generation Z ist, dass diese nicht viel oder nicht mehr hart arbeiten will, zu viel von den Arbeitgebern verlangt, sich nicht mehr genügend mit dem Arbeitgeber identifizieren will. Können Sie das aus Ihrer Sicht überhaupt bestätigen – und: Wie kann ein Arbeitnehmer, auch die Verwaltung, dieser sich verändernden Kultur begegnen?

Hartmut Lang: Ich bin zurückhaltend, wenn es um Stereotype geht, auch bei generationsspezifischen. Das ist im statistischen Durchschnitt möglicherweise richtig. Aber Arbeitgeber sollten nicht den statistischen Durchschnitt suchen und einstellen, sondern Menschen, die ins Team, in die Organisation passen und in Summe mit ihren Kompetenzen die zukünftigen Herausforderungen meistern und gestalten können.
Nach meiner Erfahrung hängt Motivation für und bei der Arbeit vor allem davon ab, ob ich mich als wirksam erfahren kann. Bewege ich etwas, mit dem, was ich mache? Verstehe ich den Zusammenhang, in dem meine Arbeit steht? Da können öffentliche Verwaltungen viel bieten. Einen Beitrag zum Gelingen unseres Gemeinwesens leisten zu können ist für viele eine gute Motivationsbasis. Und innerhalb der rechtlichen Vorgaben haben die Einzelnen in den öffentlichen Verwaltungen relativ viel Verantwortung. Zudem bieten sie vielfach auch flexible Arbeitsmodelle. Die öffentliche Verwaltung ist nach meiner Erfahrung viel moderner und weniger bürokratisch als ihr Image. Im Prinzip ist jeder Kontakt mit Bürger:innen nicht nur ein Verwaltungsakt, sondern immer auch eine Chance zur Profilierung als attraktiver Arbeitgeber.


Tobias Wojtanowski: In Wirtschaft und Industrie werden Zusammenarbeiten von Firmen derselben Branchen immer häufiger, beispielsweise werden gemeinsame Standards entworfen – der Fokus liegt angesichts der schnellen allgemeinen Entwicklung auf Kooperation. Können sich die Kommunen, die ja mit den selben Herausforderungen kämpfen, hiervon eine Scheibe abschneiden?

Hartmut Lang: Ja klar, unbedingt. Die öffentlichen Verwaltungen können hier mehr als sich nur eine Scheibe abschneiden und machen das teilweise auch schon sehr gut. Die Wirtschaft steht immer im Wettbewerb und zuletzt beschränkt das Kartellrecht die Möglichkeiten von Kooperationen. Diese Beschränkung haben öffentliche Verwaltungen nicht.
Die Idee der Digitalisierungsoffensive, eine digitale Plattform zum Beispiel für Baugenehmigungen oder die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen an einer Stelle für das ganze Land zu entwickeln, wie wir das in der Metropolregion Rhein-Neckar machen, ist in meinen Augen der richtige Weg.
Weitergedacht: Wie wäre zum Beispiel ein Bürgerzentrum, in dem alle Leistungen in einem Gebäude gebündelt werden, egal ob sie von der Bundesebene, vom Land oder der Kommune erbracht werden? Ich konnte das in Boulder, Colorado, besichtigen. Dort funktioniert das seit einigen Jahren. In einer zukünftig voll digitalisierten Prozesslandschaft der öffentlichen Verwaltung könnten sie Menschen mit eingeschränkten Fähigkeiten beim Umgang mit digitalen Prozessen unterstützen oder den zuletzt sicher immer noch erforderlichen analogen Zugang ermöglichen.


Tobias Wojtanowski: Und welche Herausforderungen sehen Sie – jenseits des Fachkräftemangels – die in den nächsten Jahren auf die Verwaltung zukommen werden?

Hartmut Lang: Die digitale Transformation haben wir ja schon angesprochen, die steht sicher ganz weit oben. Und die Digitalisierung eines Prozesses ist immer ein guter Anlass, ihn zu verbessern. Wenn ich einen mäßig guten Prozess digital abbilde, werden die Mängel im Prozess umso störender, weil der Prozessablauf dann fest programmiert ist und Korrekturen im Einzelfall durch Menschen mit hohem Aufwand verbunden sind. Jeder Prozess, der neu digitalisiert wird, sollte daher vorher gründlich optimiert werden. Dann ist die Digitalisierung zugleich ein großer Schub für bürgerzentrierte Abläufe, die qualitativ besser werden und trotzdem langfristig günstiger sein können. Das ist nach meiner Erfahrung die eigentliche Herausforderung bei der digitalen Transformation. Aber eben auch die große Chance.
 

Tobias Wojtanowski: Und zu guter Letzt: Was würden Sie, als Vorstand, aber auch als erfahrender Personaler, den Kommunen mitgeben, die sich noch unsicher in Ihrem Beitritt gegenüber dem KommunalCampus sind?

Hartmut Lang: Als langjähriger Personalleiter weiß ich wie mühsam und langwierig die Suche nach passenden Trainingsangeboten für einzelne Mitarbeiter:innen, Gruppen oder Teams sein kann. Wer nicht einfach das anbieten will, was immer schon gemacht wurde, sondern das, was für die aktuelle Situation am besten geeignet ist, muss viel Zeit in die Suche stecken. Das ist der große Nutzen des KommunalCampus: Die Trainingsangebote sind ausgesucht für die Eignung in Kommunen.
Dazu kommen die Kostenvorteile des KommunalCampus als kommunale Einkaufsgenossenschaft. Geld sparen ist bei Weiterbildung jedoch nicht der entscheidende Block: Am teuersten ist immer die Arbeitszeit der Mitarbeiter:innen. Und diese Investition zahlt sich aus, wenn das Training wirklich gut ist.  Auch hier punktet der KommunalCampus: Das Angebot ist sorgfältig recherchiert und qualitätsgesichert durch den Fachbeirat.